Das Ziel der hochpräzisen Röntgenpolarimetrie ist die Erzeugung der bestmöglichen Polarisationsreinheit von Röntgenstrahlung, um Effekte zu messen, die bisher nicht oder nur unzu­rei­chend unter­sucht werden konnten. Anders als im sichtbaren Spektral­bereich existieren keine Filter, um Röntgenstrahlung zu polarisieren. Eine Möglichkeit ist jedoch die Reflexion an perfekten Einkristallen unter einem Win­kel möglichst nahe bei 45°, bei der eine Schwingungs­richtung der Strah­lung unterdrückt wird. Durch wiederholte Reflexionen kann die Pola­risa­tions­reinheit weiter erhöht werden.

Dafür werden so­ge­nann­te Channel-Cut-Kristalle verwendet – Einkristalle, in die ein Graben geschnitten wird, in dem das Licht vier bis acht mal reflektiert wird. Dadurch können Polari­sa­tions­rein­heiten von mehr als neun Größen­ord­nungen erreicht werden, d. h. von einer Milliarde Röntgen­pho­­tonen hat weniger als ein Photon die falsche Polarisation. Dies er­mög­licht es, kleine pola­ri­sa­tions­ändernde Effekte zu messen, die Rückschlüsse auf die Struktur von Atomen und Molekülen er­mög­lichen oder zeigen, wie elektro­magneti­sche Felder atomare oder nukleare Niveaus und sogar das Vakuum beeinflussen können. Vor allem neue Röntgenlichtquellen, wie der Freie-Elektronen-Laser XFEL, ermöglichen die Messung solcher Effekte, wie z. B. die durch die Quanten­elek­tro­dynamik voraus­gesagte Doppelbrechung des Vakuums, welche durch das intensive Licht eines Peta­watt­lasers erzeugt werden müsste.