Billard mit Licht

Ein Team unter der Leitung von Physikern der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hat auf winzige Plastikkügelchen starke Laserpulse auftreffen lassen. Durch diese Interaktion beschleunigten sie einen Teil der Kügelchen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit. Der produzierte Protonenstrahl unterscheidet sich grundlegend von den bisher mit Folien erzeugten Strahlen: Er weist eine um ein Vielfaches größere Dichte an Teilchen auf.

 

Eine neue Entwicklung in der Beschleunigertechnologie sind lasergetriebene Plasmabeschleuniger. Dabei werden Elektronen oder Protonen mit Hilfe starker Laser auf nahezu Lichtgeschwindigkeit gebracht. Die lasergetriebene Beschleunigung von Protonen eröffnet neue Wege kompakte Beschleuniger zu bauen. Als Quelle für die Protonen dient in der Regel eine dünne Folie, die mit einem starken Laserpuls beschossen wird. Dabei werden Ionen beschleunigt. Physiker der LMU München haben nun diese Folie durch schwebende Plastikkügelchen ersetzt.

 

Durchmesser dieser Kugeln beträgt nur einen Millionstel Meter. Die Mikrokugeln sind so klein, dass man sie weder aufhängen noch aufspießen kann. Die Forscher ließen die Kugeln mit hoher Präzision schweben. Die dazu benötigte Apparatur wurde am Lehrstuhl für Medizinphysik, an der LMU entwickelt.

 

An der Kollaboration beteiligt waren Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität, des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik, des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf, des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung Darmstadt, der Technischen Universität Darmstadt, der Technischen Universität Dresden, der Goethe-Universität Frankfurt am Main sowie des Helmholtz-Instituts Jena.

 

Um Protonen aus den Plastikkügelchen zu beschleunigen, benötigt man starke Lasersysteme. Der in diesem Experiment benutzte PHELIX-Laser in Darmstadt erzeugte Lichtpulse mit einer Dauer von 500 Femtosekunden (Eine Femtosekunde dauert ein Millionstel einer Milliardstel Sekunde). Jeder Puls verfügte über eine Energie von 150 Joule (mit 150 Joule könnte man einen Apfel 75 Meter hochwerfen).

 

Die Laserenergie wird in einem mikroskopisch kleinen Bereich konzentriert, vergleichbar mit dem Querschnitt eines menschlichen Haares. Hierbei entsteht eine unglaubliche Leistungsdichte. Man müsste den Jahresenergieverbrauch der gesamten Menschheit innerhalb einer Sekunde durch die Fläche von einem Quadratzentimeter transportieren um eine ähnliche Intensität zu erhalten. In diesen winzigen energiedichten Bereich positionierten die Forscher eine einzelne Mikrokugel. Durch die spezielle Geometrie des Targets entstanden einzigartige Plasma Bedingungen, welche mit Folientargets nahezu unerreichbar sind.

 

Bei der lasergetriebenen Protonenbeschleunigung ist die Verteilung der Geschwindigkeiten normalerweise exponentiell, d.h. es gibt viele Teilchen bei niedrigeren Geschwindigkeiten und wenige bei höheren. Das Experiment wich hiervon entscheidend ab. Die meisten Teilchen waren annähernd gleich schnell. Dies ist für laserbeschleunigte Protonen ungewöhnlich und von entscheidender Bedeutung für künftige Anwendungen.

 

Parallel zum Experiment wurden Simulationen auf dem Supercomputer TITAN durchgeführt. Sie zeigten, dass der erzeugte Protonenstrahl etwa 14 Prozent aller anfänglich in der Kugel vorhandenen Protonen enthielt. Dies bedeutet, dass ein Großteil der Kugel kompakt und zielgerichtet beschleunigt wurde. Die Simulation zeigte weiter, dass in dem Experiment die Laserenergie nur zu einem geringen Teil in Protonenenergie umgesetzt wurde und noch Raum für Optimierung zur Verfügung ist.

 

„Vereinfacht, kann man sich das Experiment wie beim Billardspiel vorstellen, wobei die eine Kugel aus Licht besteht und die andere unsere mikroskopisch kleine schwebende Kugel darstellt“, erklärt Peter Hilz, der Leiter des Experiments. Die neuen Protonenstrahlen werden Experimente ermöglichen, die früher als undurchführbar galten. „In den nächsten Jahren müssen wir diesen neuen Beschleunigungsprozess durch weitere Simulationen und Experimente optimieren“, ergänzt Hilz.

 

Mögliche Anwendungen stellen dar: Fusionsforschung, Materialkunde, sowie die Krebstherapie in der Onkologie. Auch die physikalische Grundlagenforschung kann von solchen neuartigen Protonenstrahlen profitieren. So können sie helfen, Materiezustände, wie sie im Inneren der Sonne oder in schweren Planeten vorkommen, im Labor zu erschaffen und zu untersuchen.